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Fiktionsbescheinung Programm 4

Filmstill aus „Onun Haricinde, yiyim“ von Eren Aksu. Eine Baustelle für ein Gebäude mit einem Kran. Ein Mann auf der Baustelle nimmt Bauelemente vom Kran entgegen.
© Katharina Hauke

Mi 22.02.
17:00

Die Reihe „Fiktionsbescheinigung“ wirft die Frage auf, wie Kultur im Allgemeinen, Kino im Besonderen, Gesellschaft und Rassismus zusammenhängen. Sie widmet sich dem Schaffen von Schwarzen Regisseur*innen und Regisseur*innen of Color in Deutschland und versteht sich als ein Experiment in geteilter kuratorischer Verantwortung. Dabei wirft sie auch ein Schlaglicht auf ein zu Unrecht zu wenig bekanntes Kapitel deutscher Filmproduktion.

Die Filmauswahl haben die Kurator*innen Karina Griffith, Jacqueline Nsiah und Can Sungu getroffen. Unterstützt haben sie dabei Enoka Ayemba und Biene Pilavci sowie das Auswahlkomitee des Berlinale Forums.

  • Regie

    Eren Aksu

  • Deutschland, Türkei / 2020
    14 Min. / OmeU

  • Originalsprache

    Deutsch, Türkisch

Onun Haricinde, İyiyim

Aslı ist neu in Berlin und jobbt als Sprecherin. Nachdem sie für das Pergamonmuseum den türkischen Text des Audioguides aufgenommen hat, schaut sich die Kamera den berühmten Altar an, verharrt am Fragment eines erhobenen Arms, an einem bärtigen Kopf ohne Nase, an lockigen Haaren oder einem gerafften Kleid aus Stein. Das Bildformat ist kleiner, der Rest der Leinwand schwarz. „Die Friese“, sagt Aslis Stimme aus dem Off, „stellen den Kampf der Götter gegen die Titanen dar.“

In seinem Kurzfilm ONUN HARICINDE, IYIYIM evoziert Eren Aksu eine junge und eine alte transnationale Bewegung: die der Einwanderer*innen aus der Türkei, die Ende der 2010er-Jahre nach Berlin kommen, und die der Friese, die im 19. Jahrhundert in Pergamon ausgegraben und nach Deutschland gebracht wurden. Mit Verlust ist zu rechnen: Dass Asli Türkisch flüssiger spricht als eine Kollegin, die seit ihrer Geburt in Berlin ist, verschafft der Neuangekommenen Vorteile, der Alteingesessenen Nachteile. In den Friesen fehlen die Herkules-Fragmente, und in der Tempelanlage, die der Film zu seinem Ende hin in großzügigen, lichten Totalen durchstreift, leuchten die nachträglich eingesetzten Füllstücke sehr hell. (Cristina Nord)

  • Regie

    Yüksel Yavuz

  • Deutschland / 1995
    52 Min. / 16 mm / OmeU

  • Originalsprache

    Deutsch, Türkisch

Mein Vater, der Gastarbeiter

15 Jahre ist Yüksel Yavuz alt, als sein Vater ihn nach dem Sommer auf der kurdischen Hochebene mit nach Deutschland nimmt. Der Vater hatte diesen Weg 1968 das erste Mal genommen: vom Schäfer zum Schweißer auf einer Hamburger Werft. Die räumliche und emotionale Distanz zwischen dem Leben in der Werftarbeitersiedlung Klein-Istanbul und dem Dorfleben in der Türkei hat die Familie geprägt. Die Mutter bleibt in der Heimat und der abwesende Vater wird zum sommerlichen Stargast, der mit Koffern voller Geschenke anreist. Bis er es nicht mehr aushält und in die Türkei zurückkehrt. Der Weg zwischen Hamburg und dem kurdischen Dorf wird weiterhin so manches Mal zurückgelegt. Von den Eltern, die ihre Enkelkinder in Deutschland besuchen, und vom Sohn, der seine Eltern mit einem Filmteam besucht. Sein Vater wollte Spuren hinterlassen, sagt Yavuz. Die Ratschläge, die der Vater ihm nach der Ankunft in Deutschland gibt, hat er aber nicht beherzigt. Er ist nicht als Arbeiter in die Fußstapfen seines Vaters getreten, sondern blieb in Hamburg und studierte Film. So hinterlässt der Vater Spuren in diesem einfühlsamen und persönlichen Dokumentarfilm, die nicht so schnell verblassen werden. (Anna Hoffmann)

Gefördert durch:

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